Wissenswertes zu den Meldepflichten in der EU
In zahlreichen Ländern der EU und des EWR wurden die Meldepflichten zur Einhaltung von arbeitsrechtlichen Bestimmungen sichtlich verschärft. Für Unternehmen die ihre Mitarbeiter im Ausland einsetzen stellt dies einen größeren administrativen Aufwand dar. Außerdem müssen sie bei Verstößen mit heftigen Sanktionen rechnen, wie Haufe berichtet.
Die Verschärfung der Meldepflichten innerhalb der EU sowie des EWR sollten auch 2019 bei Personal- und Global-Mobility-Verantwortlichen auf der Prioritätenliste stehen. Denn immerhin wurde die EU-Entsenderichtlinie (96/71/EG) Mitte 2018 reformiert und muss bis Juli 2020 in nationales Recht umgesetzt werden. In den Vorschriften der Richtlinie wird festgelegt, dass sich Arbeitnehmer, die in einen anderen Mitgliedsstaat der EU und des EWR entsandt wurden, sowohl auf einige zentrale Rechte berufen können als auch Pflichten nachkommen müssen, welche im Aufnahmemitgliedsstaat gelten. Dies gilt auch, wenn sie noch immer im entsendenden Unternehmen angestellt sind, wodurch für sie das Recht dessen Mitgliedstaats maßgebend ist.
Die Meldepflicht ist in der Reform zwar nicht explizit vorgesehen. Doch in Zukunft sollen für entsandte Arbeitnehmer aus EU-Mitgliedsstaaten die gleichen Vergütungsvorschriften wie im Aufnahmeland gelten, gemäß den geltenden Rechtsvorschriften oder allgemein verbindlichen Tarifverträgen. Davon unberührt bleibt jedoch die allgemeine Vertragsfreiheit. Die Mitgliedsstaaten führen die Meldepflicht ein, um die Prüfung zu ermöglichen. Fast alle Mitgliedsstaaten haben die Meldepflicht inzwischen eingeführt. Die Herausforderung dabei ist jedoch, dass die einzelnen Meldeverfahren sowie die zuständigen Behörden von Land zu Land unterschiedlich sind. Des Öfteren gelten Ausnahmen für bestimmte Tätigkeiten, die ein Arbeitnehmer vor Ort ausüben soll. Äußerst häufig gibt es spezielle Vorschriften für das Transportgewerbe.
Gelten Meldepflichten auch für Dienstreisen?
Auf die Frage, ob Dienstreisen meldepflichtig sind gibt es verschiedene Antworten. Es kann nicht allgemein davon ausgegangen werden, dass Geschäftsreisen von einer Meldepflicht sowie sämtlicher damit verbundenen Anforderungen befreit sind. So werden zum Beispiel in Italien keine Ausnahmen vorgesehen. In Ländern wie Österreich und Belgien werden bestimmte Tätigkeiten von einer Meldepflicht ausgenommen, vor allem die Teilnahme an Geschäftsbesprechungen. In Deutschland ist die Meldepflicht wiederum auf bestimmte Branchen beschränkt. Des Weiteren ist eine Befreiung für Mitarbeiter vorgesehen, die einen festen Betrag eines Mindestgehaltes erhalten.
Es muss ein bestimmter Vertreter im Tätigkeitsstaat gemeldet werden, welcher während des Entsendezeitraums für die Meldung des Auslandseinsatzes spezielle Pflichten zu erfüllen hat. Zudem geht die Meldepflicht beinahe in jedem Fall mit Dokumentationsvorschriften einher. Unabhängig davon, in welchem Land ein Mitarbeiter eingesetzt und gemeldet werden wird, ist das bürokratische Verfahren in jedem Staat unterschiedlich, dabei immer komplex und voller Besonderheiten sowie Ausnahmen. Auch wenn viele nationale Behörden Informationsblätter auf Englisch zur Verfügung stellen, läuft der oft online getätigte Meldeprozess an sich meistens in der jeweiligen Landessprache ab. Ein Unternehmen, das einen Mitarbeiter nach Finnland oder Bulgarien schickt, muss sich folglich einigen Herausforderungen stellen. Darüber hinaus kommt es manchmal monatlich zu Änderungen, wodurch es nicht möglich ist, ständig auf dem Laufenden zu sein.
Auf die Frage, zu welchem Zeitpunkt eine Meldung im Gastland spätestens bei der zuständigen Behörde eingehen muss, gibt es ebenso kaum eine konkrete Antwort. Zwar lässt sich in der Regel festhalten, dass die Meldung mindestens vor Beginn des Auslandseinsatzes und nicht erst nachträglich vorliegen muss. Doch die Schweiz sieht zum Beispiel eine Frist von acht Tagen vor Beginn des Auslandseinsatzes vor.
Die Haftungsrisiken sind höher
„Wer gegen die teils neuen Meldepflichten verstößt, riskiert hohe Strafen, die sogar bis zum Wettbewerbsverbot führen können – für manche Unternehmen könnte dies das wirtschaftliche Aus bedeuten“, erläutert Global-Mobility-Profi Omer Dotou von der BDAE Consult. In Österreich gelten zum Beispiel Sanktionen von bis zu 20.000 Euro pro Mitarbeiter. Im schlimmsten Falle kann sogar der Zutritt des betroffenen Entsandten zu den Betriebsräumen verweigert werden. In Frankreich wurden mit dem „Macron“-Gesetz 2018 die Meldepflichten verschärft. Hier müssen Unternehmen bei Pflichtverletzungen sogar mit einem Bußgeld von bis zu 500.000 Euro rechnen.
Dieses Thema ist nicht nur brandaktuell. Durch die politische Entwicklung innerhalb der EU und die damit verbundenen Verschärfungen der bestehenden Regelungen, müssen verschiedene (Tochter-)Unternehmen im Ausland und internationale Projekte immer mehr mit Kontrollen durch eigens dafür eingerichtete Aufsichtsbehörden rechnen. Auch bereits beendete Einsätze oder abgeschlossene Projekte können diesen Kontrollen unterzogen werden.
Zollbeamte können zum Beispiel bereits am Grenzübergang in die Schweiz auf einen in Anzug kleideten Mitarbeiter aufmerksam werden. Eine andere Möglichkeit wäre, dass dieser in seinem Dienstwagen von einer Radarkotrolle erfasst wird. Verletzt sich ein Mitarbeiter bei einer „Dienstreise“ im Ausland etwa und geht vor Ort zum Arzt, ist dies ein weiteres Risiko.
Der Ausschluss von der Marktteilnahme im Gastland, der bei wiederholt pflichtwidrigem Verhalten drohen kann, trifft Unternehmen jedoch noch viel schwerwiegender als eine Geldbuße. Denn dies hat eine Einschränkung des globalen Handelns und des Umsatzes zur Folge. Durch den Reputationsverlust bei Auftraggebern im Gastland entstehen außerdem ebenfalls Einbußen. Sollte der Auftraggeber im Gastland verpflichtet sein, die Entsendemeldung sowie die A1-Bescheinigung vorgelegt zu bekommen und bei Nicht-Einhaltung ein Bußgeld riskieren, könnte die zukünftige Zusammenarbeit daran scheitern.
A1-Bescheinigung erforderlich
Die Frage nach der Erforderlichkeit einer A1-Bescheinigung ist unabhängig davon zu beurteilen, ob eine Meldepflicht besteht oder nicht. Eine A1-Bescheinigung gilt einerseits als Rechtsgrund für die Entrichtung der Sozialversicherungsbeiträge in Deutschland, andererseits als Nachweis einer Befreiung von einer Beitragszahlung im europäischen Ausland. Unabhängig von Dauer und Grund der Entsendung besteht grundsätzlich die Notwendigkeit einer solchen A1-Bescheinigung bei grenzüberschreitendem Tätigwerden eines Mitarbeiters. Das Sozialversicherungsrecht macht grundsätzlich keinen Unterschied zwischen Dienst-/Geschäftsreise und Entsendung. Vielmehr gelten sämtliche Dienst-/Geschäftsreisen als Entsendung im sozialversicherungsrechtlichen Sinne. Somit müsste für jede Dienst-/Geschäftsreise eine A1-Bescheinigung beantragt werden, auch wenn sie nur einen Tag lang dauert. Eine A1-Bescheinigung ist sogar zwingend erforderlich, wenn eine Meldepflicht besteht.
Zum Thema Meldepflichten in der EU und im EWR lassen sich nach Haufe die wesentlichen Herausforderungen wie folgt zusammenfassen:
• Meldeverfahren und Bestimmungen unterscheiden sich je nach den jeweiligen Rechtsvorschriften des Gastlandes
• Unverhältnismäßiger Aufwand vor allem bei kürzeren Entsendungen
o Entsendemitteilung
o Bereithaltung der Unterlagen
o Vertreterbenennung
o Beantragung der nötigen Bescheinigungen
• Fehlende Mehrsprachigkeit im Meldeverfahren
• Mehrkosten (z.B. Bearbeitungsgebühren, Übersetzungskosten)
• Spezielle Anforderungen sowie damit einhergehender Aufwand
• Verpflichtung zur Transparenz bezüglich unternehmensspezifischer Angaben
• Vorlaufzeiten erforderlich aufgrund zu beantragender Unterlagen