Neuer Aussetzungsbeschluss für Verzinsungszeiträume ab dem 1. April 2012

Das BMF hat die Aussetzung der Vollziehung für Verzinsungszeiträume ab dem 1. April 2012 zugelassen, nachdem der gesetzliche Zinssatz von jährlichen sechs Prozent kürzlich in einem AdV-Beschluss des BFH in Frage gestellt wurde, wie Haufe berichtet. Diese Regelung gilt jedoch nicht für Zeiträume vor dem 1. April 2012. Für diese gelten weiterhin höhere Hürden.

Nachzahlungszinsen verfassungswidrig

Der IX. Senat des BFH zweifelt an der Verfassungsmäßigkeit des Zinssatzes von sechs Prozent pro Jahr für die Zeiträume ab dem 1. April 2015. Mit dem Beschluss vom 25. April 2018 (IX B 21/18, vgl. Kommentierung des BFH) hat er folglich die Vollziehung eines Bescheides über Nachforderungszinsen ausgesetzt. Den Bundesrichtern zufolge steht die Zinshöhe ab April 2015 gravierenden verfassungsrechtlichen Bedenken gegenüber. Laut BFH-Beschluss überschreitet der gesetzlich festgelegte Zinssatz nämlich den für die Wirtschaft angemessenen Rahmen, aufgrund der strukturellen und nachhaltigen Verfestigung eines niedrigeren Marktsatzniveaus, welche sich seit April 2015 abgezeichnet hat.

Neuer AdV-Beschluss des BFH

Inzwischen hat sich der VIII. Senat des BFH dieser Rechtsprechung angeschlossen und kam zu der Entscheidung, dass eine Aussetzung der Vollziehung (AdV) nicht etwa erst ab April 2015, sondern schon für Verzinsungszeiträume ab November 2012 zu gewähren ist (Beschluss v. 3.9.2018, VIII B 15/18). Auf diese Rechtsprechung hat das BMF mit einem Schreiben vom 14. Dezember 2018 reagiert und folgendermaßen Stellung genommen:

Verzinsungszeiträume ab dem 1. April 2012

Die BFH-Rechtsprechung findet für Verzinsungszeiträume ab dem 1. April 2012 allgemeine Anwendung, jedoch ausschließlich

• auf (AdV-)Antrag des Zinsschuldners sowie
• in Fällen, in denen Einspruch gegen eine vollziehbare Zinsfestsetzung eingelegt wird, welche den gesetzlichen Zinssatz von jährlichen sechs Prozent zum Inhalt hat.

Die Art von Steuer und sowie der Besteuerungszeitraum, für welche die Zinsen festgelegt wurden, sind dabei unerheblich.

Haufe weist darauf hin, dass das BMF die Aussetzung der Vollziehung unter diesen „erleichterten“ Voraussetzungen bisher ausschließlich für Verzinsungszeiträume ab dem 1. April 2015 gewährt hatte (BMF, Schreiben v. 14.6.2018, BStBl 2018 I S. 722).

Die allgemeine AdV-Gewährung bedeutet nicht, dass die obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder selbst Zweifel an der Verfassungskonformität des gesetzlichen Zinssatzes haben, so das BMF.

Regelungen für Verzinsungszeiträume vor dem 1. April 2012

Das BMF stellt klar, dass für Verzinsungszeiträume vor dem 1. April 2012 restriktivere Regelungen gelten. Folglich kann eine AdV nur dann gewährt werden, wenn

• der Antragsteller durch die sofortige Vollziehung von einer unbilligen Härte getroffen würde, welche nicht durch überwiegende öffentliche Interessen geboten ist sowie
• der Antragsteller im Einzelfall ein besonderes berechtigtes Interesse an der Aussetzung hat.

Demnach muss in diesem Kontext abgewägt werden zwischen dem Einzelinteresse des Antragstellers sowie den öffentlichen Belangen, welche gegen die AdV-Gewährung sprechen.

Es dürfte sich als schwierig erweisen, eine AdV für Verzinsungszeiträume vor dem 1. April 2012 zu erreichen. Denn dem BMF zufolge sollen die Finanzämter dem Geltungsanspruch der Zinsvorschriften den Vorrang einräumen. Der Eingriff beim Antragsteller hingegen soll als eher gering eingestuft werden. Die zuvor genannten „verschärften“ Voraussetzungen für eine AdV-Gewährung hatte das BMF bislang für Verzinsungszeiträume vor dem 1. April 2015 festgelegt.

Dem BMF zufolge sind die neuen Verwaltungsaussagen zur AdV ab sofort gültig. Das bisherige BMF-Schreiben vom 14. Juni 2018 (a.a.O.) wurde mit sofortiger Wirkung durch das neue Schreiben vom 14. Dezember 2018 ersetzt.

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